Tag 8 – Ein einsamer Vater und Regen

Was für ein Lotterleben! Heute bin ich zum ersten Mal, seit ich unterwegs bin, nicht um sechs Uhr aufgewacht, sondern habe stumpf bis halb acht durchgeschlafen. Vielleicht war es der Regen, der heute Morgen einsetzte. Vielleicht aber auch die Erholung, die sich langsam Raum verschafft.

Weil Sonntag ist und weil da ein Yogakurs war und auch Besuch kam, gab es erst um zehn Uhr Frühstück. Ich hatte mich vorher schon eine Stunde beim Kaffee mit Franzis Papa angefreundet, einem sehr sympathischen Mann. 

Heute habe ich mein Notebook zum Sofa gebracht. Ich habe festgestellt, dass ich besser ins Schreiben komme, wenn ich den Ort wechsle. 

Das Frühstück (wir waren elf, von denen ich sechs noch nicht kannte, die irgendetwas mit Tanzen machen), war reichhaltig und lustig. Es gab selbstgemachte ungarische Sülze, mecklenburgische Salami, russischen Zupfkuchen und die Erdbeeren (Erdbeeren?!) mussten aufgegessen werden. 

Ich hörte interessante und witzige Geschichten über die Restaurierung des historischen Hauses, in dem wir saßen und über den Kauf der Jurten (die wegen des Wetters leider noch nicht aufgebaut sind) in der Mongolei. Es war alles so nett und lecker und spannend, dass ich erst nach elf Uhr wieder in meine Wohnung zurückkehrte.

Jetzt aber hurtig ans Schreiben! 

Offensichtlich tun mir Erholung und das Lockerlassen der Disziplinzügel gut. Bis 14 Uhr hatte ich 20.000 ganz wunderbare Anschläge über Franzis Papa geschrieben, der überraschend von seiner Tochter und ihrem neuen Freund besucht wird. Was für eine Wiedersehensfreude! Ich war ganz beseelt über meinen emotionalen Text. Ein schönes und menschenfreundliches Kapitel! 

Gut gelaunt stellte ich fest, dass draußen die Sonne herauskam und zog die festen Schuhe an, um Inga wieder beim Mistsammeln zu helfen.


Ich lebe mich in diesen Ort hinein. Meine Seelen-Myzelfäden schlängeln sich in die Wege und Räume, die ich jetzt schon kenne. Anblicke von Annes Kunstwerken werden mir vertraut, das Schnauben der Pferde macht es sich in meinem Gefühl des Hierseins gemütlich. 

Hier ist nichts gekünstelt. Alles echt. Und ich werde selbst wieder echt. Total unaufgeregt. 

So geht Leben. Genau so!